Laubengang-Erschließungen sind in vielen Neubauten Standard: Wohnungen werden nicht über ein innenliegendes Treppenhaus, sondern von außen erschlossen. Das hat praktische Vorteile. Dabei gibt es besondere Anforderungen an die Blower-Door-Messungen.
Nach diesem Artikel und dieser Podcastfolge weißt du, wann eine Stichprobenmessung ausreicht, welche Regeln das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgibt und warum baubegleitende Leckagesuchen unverzichtbar sind.
Holger Merkel und ich sprechen in Folge 59 über:
- eine aktuelle Anfrage zu 25 Laubengangmessungen mit Blower-Door
- warum wir geraten haben, Rahmenbedigungen für Stichprobenmessung zu klären
- wann eine Laubengangmessung als Stichprobenmessung nach GEG zulässig ist
- wie viele Wohnungen mindestens geprüft werden müssen und warum „12“ der Schlüssel ist,
- welche Auswahlkriterien die Norm DIN EN ISO 9972:2018-12 vorgibt (Geschosse, Hüllfläche, Bauweisen, Fenster- und Türsysteme),
- warum interne Leckagen zwischen Wohnungen später für Ärger sorgen, auch wenn sie die Norm nicht erfasst und sie sozusagen „legal“ sind.
- Wie man trotz schlechter luftdichter Bauweise doch noch einen Blower-Door-Test durch Schutzdruckmessung bestehen kann.
- wie baubegleitende Leckagesuchen Kosten und Nacharbeit verhindern,
- was nL50 und qE50 bedeuten und wann der hüllflächenbezogene Wert gilt,
- welche Strategien helfen, wenn Messergebnisse knapp am Grenzwert scheitern.
GEG und Normen: Die Grundlage für Laubengangmessungen
Das GEG erlaubt für Laubengangwohnungen Stichprobenmessungen. Die Basis: die DIN EN ISO 9972:2018-12, Anhang NB.
Wichtig:
- Mindestens 12 Wohnungen müssen gemessen werden.
- Die Regel gilt nur für von außen erschlossene Einheiten – nicht für Treppenhäuser.
- Mischformen (Laubengang + Treppenhaus) müssen separat berücksichtigt werden.
Auswahl der Wohnungen: So sieht die Norm es vor
Damit die Blower-Door-Messung gültig ist, schreibt die Norm vor:
- je drei Wohnungen im obersten und im untersten Geschoss,
- mindestens 20 % der Hüllfläche,
- alle Bauweisen (z. B. Beton im Erdgeschoss, Holzbau in den Obergeschossen),
- verschiedene Tür- und Fenstersysteme.
In der Praxis bedeutet das: Wohnungen mit großer Hüllfläche sind die bessere Wahl. Sie liefern aussagekräftigere Ergebnisse und erleichtern das Einhalten der Grenzwerte.
Wir erzeugen Unter- oder Überdruck, prüfen mit Thermografie, Anemometer oder Nebel. Und finden Leckagen, die später nur aufwendig oder gar nicht geschlossen werden können. Beispielsweise weil die luftdichte Ebene schon mit Gipskartonplatten verkleidet und verputzt ist. Das geht natürlich am besten baubegleitend, also noch bevor alles fertig ist.

Diese Podcastfolge 58 als Video auf Youtube
🎥 Diese Podcastfolge gibt es auch als Video? Hier geht’s zur Videopodcastfolge 59
Auf unserem YouTube-Kanal zeigen wir zudem dir echte Baustellensituationen, Tipps zur Leckagesuche, Erklärvideos zu Bezugsgrößen, GEG-Nachweis und vieles mehr.
👉 Direkt reinschauen: https://www.youtube.com/c/Luftdichtheitgeprüft
📩 Du hast Fragen oder brauchst Unterstützung? Schreib uns an hallo@bionic3.de oder ruf im Büro an: ☎︎ 07272-927385
Typische Probleme bei Laubengangmessungen mit Stichproben
Holger zählt auf, warum er erlebt hat, dass Laubengangmessungen nicht oder nur ganz knapp den Blower-Door-Test bestanden haben:
Das Gemeine ist, dass bei Gebäuden über 1500m3 bei der Stichprobenmessung nur die Fläche nach aussen zählt.
- Wohnungen in der Mitte: haben zu wenig Außenfläche und fallen öfter durch.
Wohnungen, die im Gebäudekern liegen, haben oft nur eine oder zwei Außenwände. Damit bringen sie sehr wenig Hüllfläche in die Messung ein. Für die Blower-Door-Prüfung ist das ein Problem:
- Kleine Hüllfläche = empfindlich gegenüber internen Leckagen.
- Schon geringe Undichtigkeiten können das Ergebnis kippen.
- Diese Wohnungen fallen deshalb häufiger durch.
Tipp: Wenn möglich, Wohnungen mit größerer Hüllfläche in die Stichprobe aufnehmen. So steigt die Chance, die Grenzwerte einzuhalten.
Brandschutzdurchdringungen: oft nicht luftdicht, da sie erst im Brandfall aufquellen.
Brandschutzsysteme sind lebenswichtig. Aber: Viele Produkte dichten erst im Brandfall ab, wenn sie durch Hitze aufquellen. Für die Blower-Door-Messung bedeutet das: Im Normalzustand bleiben diese undicht.
Rollladenkästen mit Revisionsöffnungen.
Rollladenkästen gehören zu den Klassikern bei Leckagesuchen. Besonders kritisch: Revisionsöffnungen.
- Oft fehlen Abdichtungen
- Kleinste Spalten führen zu messbaren Luftverlusten.
- Bei vielen gleich gebauten Einheiten summieren sich die Probleme.
Empfehlung: Rollladenkästen schon während der Bauphase kontrollieren. Fehler rechtzeitig beheben – das spart teure Nacharbeiten im Endspurt.
Mischbauweisen : hier muss jede Bauweise geprüft werden. Viele Gebäude kombinieren verschiedene Bauweisen: z. B. Beton im Erdgeschoss, Holzbau in den oberen Geschossen. Oder Laubengang plus Treppenhaus. Die Norm ist sagt hier:
- Alle Bauweisen müssen geprüft werden.
- Jede Kombination von Bauteilen gehört in die Stichprobe.
- Alle Treppenhäuser und Einheiten für andere Nutzung müssen geprüft werden
Praxis-Tipp: Vor dem Blower-Door-Test nachschauen und klären, welche Bauweisen im Projekt vorkommen. So lässt sich die Stichprobe sauber zusammenstellen. So machen wir das gerade bei zwei Wohnkomplexen. Wir haben nicht nur Stichprobenmessung empfohlen, sondern auch eine baubegleitende Leckagesuche von 2 Wohnungen. Wie sinnvoll diese waren, hat sich auf der Baustelle herausgestellt: Redundante Fehler bei den Anschlüssen der Luftdichtheit waren in beiden Wohnungen sichtbar. Das zeigte den Planer:innen, dass wohl bei den anderen Wohnungen die gleichen handwerklichen Fehler passiert sind. Sie lassen gerade alle Wohnungen nachbessern.
nL50 oder qE50? Die Bezugsgrößen für großere Gebäude können nachteilig sein
Bei Gebäuden mit mehr als 1500 m³ Volumen gilt der hüllflächenbezogene Wert qE50 statt des volumenbezogenen nL50. Hier ein Video, wie man die Hüllfläche von größeren Gebäuden berechnen kann:
Berechnung der Hüllfläche von größeren Gebäuden für Blower-Door-Test: Innenmaße sind entscheidend
https://www.youtube.com/watch?v=OfnGeethSeo
Bei Stichprobenmessungen ist der qE50-Wert gefordert ist, wenn das Gesamtgebäude mehr als 1500 m³ Volumen hat. Das bedeutet:
- Eine zusätzliche Messung kann das Ergebnis „retten“, weil die Summe der Volumenströme durch die Summe der Flächen nach außen geteilt wird.
- Wohnungen mit großer Hüllfläche verbessern das Ergebnis.
- Wohnungen mit nur einer oder zwei Außenwänden verschlechtern es.
Schutzdruckverfahren: Wenn’s knapp wird
Scheitert eine Messung an internen Leckagen, erlaubt die Norm das Schutzdruckverfahren. Dabei werden Nachbarwohnungen mitgeführt, um Undichtigkeiten auszuschließen. Bei Schutzdruckmessungen werden die Gebläse parallel eingebaut und aktiviert. Das ist etwas herausfordernder, aber inzwischen finden das alle Messdienstleister bei bionic3 spannender als „normale“ Blower-Door-Tests von Einfamilienhäusern. Falls du noch tiefer in das Thema Schutzdruck, Laubengänge und interne Leckagen eintauchen möchtest, wir haben dazu einige Artikel und Podcastfolgen.
- Schutzdruck erklärt: Blower-Door-Tests bei Leckagen und Sanierungen|49
- Gerüche und Luftdichtheit: Wie Leckagen Probleme im Gebäude verursachen| 50
- Laubengänge und Blower-Door-Tests bei großen Gebäuden: Die 20 % Regelung ist falsch.
- Das GEG kommt: Blower-Door-Messungen jetzt und in Zukunft (Teil 10): Teilmessungen bei Mehrfamilienhäusern
- Fachartikel: Kompaktwissen für Energieberater: Blower-Door-Tests für die KfW mit der richtigen Blower-Door-Norm
Laubgangmessungen: Gute Vorbereitung und passende Messdienstleister sparen Neven
Ein guter Messdienstleister sagt nicht, dass etwas nicht geht. Oder dass ein Gebäude durchgefallen ist. Ein guter Blower-Door-Messdienstleister schaut immer, woran es liegt und wo man etwas nachbessern könnte. Natürlich ist es nicht die Aufgabe eines Messdienstleister zu zeigen, wo die Fehler liegen oder die Leckagen sind. Unsere Erfahrung ist jedoch, dass die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern viel besser läuft, wenn sie wissen, dass wir alles geben, damit sie ihr Projekt erfolgreich abschließen können beim Thema Luftdichtheit und Blower-Door-Test.
Zur Vorbereitung der Abschlussmessung gehört bei Laubengang-Stichprobenmessungen aber auch bei normalen Laubengang Messungen unserer Meinung nach eine baubegleitende Leckagesuche dazu. So kann man vorher schon mal den ungefähren Wert abschätzen und einschätzen, ob das Gebäude bestehen wird oder nicht. So kann sich der Auftraggeber schon drauf einstellen oder beziehungsweise dann schon mal Maßnahmen einleiten wie nacharbeiten.
Daher ist auch bei einer Blower-Door-Abschlussmessung hilfreich, wenn rechtzeitig an diese gedacht wird und somit Vorbereitung getroffen werden können. Wenn genügend Vorlauf ist, funktioniert das normalerweise reibungslos, weil es viele Stellschrauben gibt.
Links und Hinweise (Shownotes)
Über diese Folgen haben wir in der aktuellen Podcastfolge gesprochen
- Folge 020 – „20 Prozent reichen nicht“: Thema: Warum Stichprobenmessungen oft nicht genügen.
- Folge 044 – „Typische Fehler bei der Blower-Door-Messung ohne vollständige GEG-Nachweise“ Thema: Verantwortlichkeiten, Bezugsgrößen, Fehlerquellen.
- Folge 018 mit Michael Förster (Normen & Richtlinien im Blower-Door-Test) Inhalt: Unterschied zwischen normativ (verpflichtend) und informativ, Hintergründe aus dem Normenausschuss.
Fragen? Fragen! hallo@bionic3.de
Wenn du Fragen zu Luftdichtheit und Blower-Door-Tests hast, melde dich gern.
hallo@bionic3.de ☎ 07272-927385

Fachbuch: Luftdichtheit von Gebäuden
Verarbeitungstipps und typische Fehler sind in ausführlicherer Form auch in Holgers neuem Buch nachzulesen und anzuschauen. Warum es das Buch gibt und was das Besondere daran ist, hört und seht ihr in unserer Spezial-Podcastfolge: Neu: Fachbuch Luftdichtheit von Gebäuden. Ratgeber für die Praxis
